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RAINER MARIA RILKE ZUM 150. GEBURTSTAG

Die Christengemeinschaft in Hannover, Ellernstraße 44
Donnerstag, 30. Oktober 2025, 19:30 Uhr
RAINER MARIA RILKE ZUM 150. GEBURTSTAG
Jochen Butenholz: Essayistisches zu Rilkes Leben
Thomas Reuter: Rezitation, Musik

https://thomas-reuter.com/titel-4.html

Rilkes Sprache steht einerseits in der reichen Tradition der Jahrhunderte vor ihm, andererseits sind seine Texte starke, signifikante Zeugnisse eines Aufbruchs in die sogenannte Moderne – das heißt aber unter anderem: in Erlebnisse der Verunsicherung, aber auch der Eröffnung neuer geistiger Dimensionen. Hier zwei Beispiele:

KLAGE

Wem willst du klagen, Herz? Immer gemiedener
ringt sich dein Weg durch die unbegreiflichen
Menschen. Mehr noch vergebens vielleicht,
da er die Richtung behält,
Richtung zur Zukunft behält,
zu der verlorenen.

Früher. Klagtest? Was wars? Eine gefallene
Beere des Jubels, unreife.
Jetzt aber bricht mir mein Jubel-Baum,
bricht mir im Sturme mein langsamer
Jubel-Baum.
Schönster in meiner unsichtbaren
Landschaft, der du mich kenntlicher
machtest Engeln, unsichtbaren.

Rainer Maria Rilke

WIR SIND NUR MUND. Wer singt das ferne Herz,
das heil inmitten aller Dinge weilt?
Sein großer Schlag ist in uns eingeteilt
in kleine Schläge. Und sein großer Schmerz
ist, wie sein großer Jubel, uns zu groß.
So reißen wir uns immer wieder los
und sind nur Mund. Aber auf einmal bricht
der große Herzschlag heimlich in uns ein,
so daß wir schrein -,
und sind dann Wesen, Wandlung und Gesicht.

Rainer Maria Rilke